Bis 1962 war wenig über die O.A.T. und AV2 Stempel bekannt. Die Briefe lagen oft lieblos in den 1 Franken-Kistchen der Briefmarkenhändler. Da die Stempel sehr dominant und in Farbe meistens in der Mitte des Umschlags prangten, erachtete man damals diese Briefe als nicht sammelwürdig.
Eine Studie wurde durch Dr. Gordon Ward, England gemacht die jedoch fast nur auf Spekulationen basierte. 1962 schrieb Donald D. Smythe einige kleine Artikel über die O.A.T. Stempel, die im American Philatelist publiziert wurden. Seine Recherche basierte auf ca. 300 Briefen. Mit diesen Publikationen in Fachmagazinen wuchs das Interesse an diesen Briefen und insbesondere an diesen Stempeln.
1983 wurde in der Phillips Auktion ein Teil der Ospery Sammlung verkauft, die zum damaligen Zeitpunkt die grösste Sammlung dieser Markierungen war. Im Auktionskatalog wurde eine erste Klassifizierung der Stempel gemacht und jedem Stempel eine Nummer zugeteilt. Das ganze wissen über diese Stempel steckte in diesem Auktionskatalog.
Im Jahr 2000 schrieb der Kanadier Murray Heifetz sein erstes Buch über diese Stempel. Neue Stempel wurden aufgenommen und alte Fehler korrigiert. Heifetz konnte bereits auf eine Basis von mehr als 4'000 Briefe zurückgreifen und neue Erkenntnisse kamen schnell zum Vorschein. Neue Gesichtspunkte wie Flugrouten, und Einsatzzeit der Stempel, Formulare und Postsacketiketten wurden nun in die Forschung einbezogen. 2006 erschien bereits der dritte Band "O.A.T. and AV2 Markings" von Murray Heifetz. Dieses letzte Buch der "work in progress" Serie ist bis heute das letzte Buch welches das Wissen über O.A.T. und AV2 Stempel beschreibt. Leider gibt es immer noch viele offene Fragen zum Einsatz und Gebrauch der Stempel. Da es heute keine Zeitzeugen die mit diesen Stempeln gearbeitet haben mehr gibt können neue Erkenntnisse nur aus dem Studium weiterer Briefe gefunden werden. Viele Probleme müssen gelöst und erklärt werden.
Heute sind diese Briefe und Stempel sehr begehrt und finden Zugang in viele verschiedene Sammlungen und Studien.
1929 führte der Weltpostverein auf dem Londoner Kongress einen neuen Formularsatz AV1 bis AV11 der für die Abrechnung der jeweiligen Beförderungsleistung im internationalen Luftpostdienst diente. 1947,1952 und 1957 erteilte die UPU weitere Vorschriften für den Austausch von Post, die jeweils aber nur die Hauptverfahrensweise regelten. Mehrere detalierte Vorschriften und Verfahrensweisen wurden von der UPU empfohlen, mussten jedoch nicht übernommen werden. Die UPU-Länder waren frei zu übernehmen, was den Bedürftnissen ihres Landes am nächsten kam.
Im englischen oder alliierten Postsytem unterschied man zwischen geschlossener und offener Post. So wurden Briefe mit gleicher Destination im geschlossenen Postsack zum Eingangspostamt des entsprechenden Landes gesandt (geschlossene Post).
Die Abrechnungsdetails wie Ursprungsland, Transitstrecke Art und Gewicht der Postsendung wurde auf der Beutelfahne (Etikette), dem Formular AV8 vermerkt (siehe Bilder oben).
In den frühen Jahren des Luftpostverkehrs war die Anzahl solcher Transitsendungen naturgemäss nur sehr klein. Ab den späten 30er Jahren wurden daher noch die einzelnen Briefe mit O.A.T. od AV2 Vermerken versehen. Als das Postaufkommen zunahm, ging man ab Anfang der 40er Jahre dazu über, nur noch den obersten Brief eines Bündels von ca. 60 Briefen zu kennzeichnen. Post die jedoch beim Eingangspostamt über eine weitere Luftpoststrecke in ein anderes Bestimmungsland abgeleitet werden sollte, wurde in gesonderten Bündeln von ca. 60 Briefen oder auch weniger in das Formular AV2 eingetragen.
Transitstrecken konnten anhand dieses Formulares abgerechnet werden und es diente als Basis zur Abrechnung der jeweiligen Gebührenanteile die die Postverwaltung eines Transitlandes über die UPU abrechnen konnte. Der oberste Brief des Briefbündels wurde in London mit einem Hinweisstempel O.A.T. versehen (in allen anderen UPU Ländern AV2 Stempel), damit bei Umlad der Post die Briefe mit dem Flugzeug weitergeleitet wurden.
Ab den 50er Jahren wurden die Transitsendungen wegen der zunehmenden Automatisation im Umlad der Postsäcke, fast gar nicht mehr gekennzeichnet. Allerdings sind AV2 Markierungen bis in die späten 70er Jahre bekannt.
Es versteht sich von selbst, dass nur ein geringer Teil von Luftpostbriefen aus diesen Perioden mit AV2 oder O.A.T. Stempeln versehen sein kann und erklärt deren Seltenheit.
Wieso wurde aber der O.A.T. Stempel in London und nicht der AV2 Stempel wie in den übrigen UPU-Länder verwendet?
Die UPU Länder waren frei, Ausdrücke, Hinweise oder Abkürzungen zu übernehmen oder durch solche in der eigenen Landessprache zu ersetzten. Bekanntlich sind gerade in England einige Dinge anders als aderswo. Da der Stempel AV2, abgeleitet aus dem französischen (Abkürzung für "avion 2"), die Luftpostweiterleitung betrifft, verwendete man in England lieber den Begriff "onward air transmission" (Weiterleitung mittels Flugzeug) oder eben abgekürzt: O.A.T.
Aus diesem Grund wurde in London und Prestwick und eineigen anderen Austauschpostämtern (Exchange-Offices Tangier und Kairo), des britischen Commonwealth, anstelle der AV2 Markierung, der O.A.T. Hinweisstempel aufgebracht. In den frühen Jahren wurden die Briefe handschriftlich gekennzeichnet, ab 1939 verwendete man Stempel der verschiedenen Typen.
Im nächsten Kapitel sehen Sie eine Uebersicht sämtlicher O.A.T und AV2 Stempel mit entsprechenden Belegen.